Samstag, 31. August 2019

Irgendwann, da wachsen Flügel


Meine Kinder versuchte ich von Anfang an dazu zu erziehen, im Haushalt mitzuhelfen, Ordnung zu halten und ein wenig sauber zu machen. Im Haus und im Garten haben wir immer alle Hände voll zu tun. Drei Kinder machen viel Arbeit. Da ist es toll, wenn jeder mit anpackt.
Ich fahre nun wieder täglich zur Arbeit. Mein Baby ist nun, wie er selbst sagt, ein großer Bub, mein Sohnemann wird immer selbständiger und unabhängiger und mein Tochterkind möchte ein großes Vorschulmäderl sein. Die Zeit steht nicht still. Stress und Unordnung sind leider manchmal vorprogrammiert. Das Mithelfen und Putzen funktioniert mehr schlecht als recht und oft werden Spielsachen, Sitzsäcke und dergleichen nur halbherzig weggeräumt und türmen sich in einem Eck. Gottseidank wurde ich von Kind zu Kind ein wenig gelassener. Und so ist ins Eck geschoben eben machmal auch aufgeräumt.
 Wenn dann aber etwas Unerwartetes geschieht, dann ist das Chaos perfekt.

So geschehen vor ein paar Wochen:
Nach tagelanger Ignoranz hatte ich mir endlich ein Herz gefasst und unseren besagten Chaotenturm beiseite geschafft, um zu wischen. Darunter habe ich einen Ameisenbau entdeckt.  In unserem Haus.  2 cm hoch. Aus Sand. Gehäuft zu mehreren Türmchen. Dazwischen geschätzte 1000 Ameisen.
Da ich vor Schreck  gequiekt habe, wurden meine Kinder alarmiert. Die kamen sofort dienstbeflissen mit dem Staubsauger angelaufen und der ganze Haufen wurde, bevor ich noch ein Wörtchen sagen konnte, eingesaugt. Die Kinder freuten sich wie Rumpelstilzchen und tanzten auf dem nun sauberen Boden vor dem Fenster. Ich freute mich sehr. Sowohl mit ihnen als auch über sie (und ihre gute Erziehung), sodass ich nicht weiter darüber nachdachte .
Am nächsten Tag rutschte ich neben dem Staubsauger quer durch eine Ameisenfarm. Vor lauter Freude hatte wohl niemand daran gedacht, den Staubsaugerbeutel auszuleeren. Ich quiekte abermals, da mich die kleinen Biester in die Ferse bissen. Diesmal kamen Tochterkind und Bub angelaufen und saugten das Malheur wieder weg. Das hatte ja immerhin schon einmal  funktioniert. Diesmal war ich aber bei der Sache, und bat sie darum, den Staubsaugerbeutel im Mistkübel auszuleeren. Die beiden erledigten das ganz stolz und wir waren die Ameisen los.
Bis zum nächsten Morgen. Sohnemann entdeckte in der Küche eine Armeisenarmee auf ihrem Weg zum Kuchenbuffet.  Der Staubsauger wurde anscheinend im Küchenmistkübel entleert, und nicht in der Garagentonne. (Notiz an mich: genauere Anweisungen geben)
Langsam aber doch war ich am Verzweifeln. Aus einem Ameisenbau wurden drei. Denn anscheinend blieben beim Wegsaugen ein paar ganz hartnäckige Zeitgenossen zurück, um alles wieder neu aufzubauen. Frühmorgens hatte ich aber nun wirklich keine Zeit um mich um die Viecher zu kümmern, ließ die Quälgeister (Anmerkung: die Ameisen) an Ort und Stelle zurück und fuhr zur Arbeit.
Am Nachhauseweg bewaffnete ich mich mit Ameisenspray-, köder und Dreckschauferl . Zuhause angekommen fand ich drei kleine, verlassene Ameisenhaufen vor. Bei genauerem Hinsehen bemerkte ich noch, wie die letzten drei Ameisen ihre neu gewachsenen Flügel ausbreiteten und unter dem Fensterbrett in die Freiheit durchschlüpfen, um mir in letzter Sekunde zu entfliehen.
Mir war es recht. Zufrieden stellte ich die Chemiebomben in den Schrank und putzte nur ihre Hinterlassenschaften weg. Dies ist man als Mutter ja gewohnt.

Dass allerdings, wenn die Zeit gekommen ist, selbst den fiesesten Quälgeistern sprichwörtlich Flügel wachsen und diese dann auf eigene Faust, ja sogar fluchtartig mein Haus verlassen, war mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. ;-)